Mit Gefühlen arbeiten.
Die beiden Begriffe „Gut“ und „Böse“, sowie wir
Menschen sie gebrauchen, gibt es in der Natur nicht, denn in der
Natur geht es nur um das Überleben aller Wesen. Diese begriffe „Gut“
und „Böse“ haben die Menschen erschaffen, um Unterschiede
zwischen den Menschen, aber auch unter den anderen Lebewesen zu
schaffen. Doch wenn wir „Gut“ und „Böse“ als Begriffe
nehmen, die dem Menschen zeigen sollen, aus was er im Grunde doch
besteht, dann schaffen wir eine Trennungslinie zwischen Gut und Böse,
die aber das Herz durchschneidet.
Es kommen noch andere Begriffe hinzu wie Zorn, Furcht,
Hass, Gier und Aggression, die auch im Menschen vorhanden sind, aber
auch hier kann man nicht sagen, dass das die anderen in sich tragen,
nein es sind alle Menschen, die das in sich tragen, denn es ist die
menschliche Natur. Aber es ist wichtig, dass der Mensch in der
Meditation lernt wie man mit der stärksten Energie unseres Wesens
umgeht und wie man sie inmitten aller Emotionen zu Mitgefühl,
Achtsamkeit und Offenheit findet.
Man bemerkt das Wechselspiel von Stimmungen,
Geisteszuständen und Gefühlen, die sich laufend verändern und das
Erleben sehr beeinflussen. Man sitzt da und langweilt sich oder ist
ruhelos oder in Sorgen, mal ist man glücklich, mal verliebt oder
deprimiert. Man erkennt wie diese Zustände hochsteigen und die
Weltsicht einfärben. Wacht man auf und ist in einer scheußlichen
Stimmung, man ist deprimiert oder ärgerlich, dann spielt es wirklich
keine Rolle, welchen Menschen man begegnet, man wird immer etwas
auszusetzen haben. Die Empfindsamkeit, die Gefühle und die Stimmung
im Verstand und im Herzen haben einen starken Einfluss auf das Leben,
mehr noch als die anderen Umstände.
Erlebt man die Gefühle unmittelbar, dann haben die
Gefühle solange einen starken Einfluss auf einen, bis sie sich
auflösen. Aber es kann sein, dass sich unter diesen Gefühlen wieder
andere Gefühle verbergen, und man spürt denen eine Zeit lang nach,
bis sie verschwinden oder sich verwandeln, und man kann zu seinem
Atem zurückkehren.
Man glaubt dann meditieren zu können,wenn man alle
Probleme los geworden ist, aber diese Probleme gehören eigentlich
zur Meditation dazu, denn sie sind ein wichtiger Teil in der Reise.
Denn wir haben so viele Ansichten über das, was gut ist oder nicht,
aber wir wissen es nicht genau.Doch verlassen wir uns ganz auf die
Gefühle, von denen man denkt, dass man sie vermeiden sollte, dann
kann es sich herausstellen, dass man offen geworden ist für eine
Lektion, die man lernen müsste.Wenn man z.B. den Ärger einmal
gründlich untersucht und lernt, ihn ohne Bewertung zu akzeptieren,
so kann es ein erster Schritt dazu sein,ihn in einer Weise zu
verstehen, die eine tief greifende Wandlung hin zur Vergebung
einleitet.
Ein Gefühl, das viele Menschen in einer Meditation
erleben, ist das verlangen bzw. der wünschende Verstand. Man
bezeichnet ihn auch als der „Wenn-doch-nur-Verstand.“ man sitzt
da, folgt dem Atem und der Verstand sagt. „Wenn es doch wärmer
oder kühler wäre.“ Die Schwierigkeit mit dem wünschenden
Verstand besteht darin, dass er nicht locker lässt.
In der Meditation kann man mit seinen Wünschen in
gleicher Weise umgehen wie mit dem Körperempfinden. Es wäre nicht
sinnvoll ihn zu unterdrücken, weil er auf andere Weise wieder
erscheint.
Was kann man tun, um mit Hilfe der Wünsche zu mehr
Einsicht und Verständnis zu kommen, um aus den Wünschen zu lernen,
wie man im Verhältnis zu ihnen zu einer gewissen Freiheit kommen
kann. Wenn ein Wunsch aufkommt, dann soll man sitzen bleiben, und den
Wunsch untersuchen,um herauszufinden, wie er sich anfühlt.Es kann
sein, dass man in der Meditation erstmals nicht versucht, den Wunsch
zu erfüllen, sondern man bleibt sitzen, spürt ihnen nach, um zu
erkennen, worin ihr Wesen besteht. Man wird beobachten, wie sie
entstehen, man wird sie erfühlen, wie sie sich im Körper äußern.
Schließlich werden sie verschwinden und es werden neue entstehen.
Man wird das unbeständige Wesen der Wünsche erfassen und erkennen,
dass man sich nicht jeden Wunsch oder Gedanken erfüllen muss. Man
kann lernen, dass man die Wahl zwischen vielen verschiedenen
Möglichkeiten hat, wie man auf Wünsche reagieren kann, wenn sie
auftauchen, und man kann eine neue Art von Freiheit entdecken.
Was tut man, wenn der wünschende Verstand nicht
aufhört, ständig belästigend aufzutreten? Man kann sich
klarmachen, dass es sich nur um den wünschenden Verstand handelt,
denn man hat ihn erkannt und in der gleichen Weise akzeptiert wie das
Körperempfinden akzeptiert wurde.
Man sitzt da und spürt den Atem, wie er ganz natürlich
fließt, aber der Verstand sagt ganz plötzlich: „Ich mag das
nicht,, ich will das nicht.Ich möchte, dass das verschwindet. Ich
hasse das.“ Jetzt erlebt man, dass sich der Verstand widersetzt,
und das Gegenteil vom wünschenden Verstand ist. Vor dieser großen
macht in unserem Leben kann man sich nur verbeugen. Zuerst kam der
wünschende Verstand und dann das Gegenstück: denn es besteht aus
Abneigung, Ärger oder Furcht, die aber teile des Verstandes, die die
Erfahrungen verurteilen oder beiseite schieben. Und dazu gehört auch
die Abwertung, die ebenfalls eine Art von Abneigung ist.
Wie man bei den Wünschen erfahren hat,ist es schwierig,
mit Abneigung, Furcht oder Abwertung umzugehen, wenn man sich darin
verstrickt. Man hat normalerweise die Furcht, den Ärger oder die
Abwertung unbewusst und ohne sie zu verstehen zum Ausdruck gebracht.
Um mit ihnen in der Meditation zu arbeiten, schaut man ihnen in das
Gesicht. Spürt man, dass sie hochkommen, dann kann man ihnen,
anstatt zu folgen oder wegzustoßen, mit offenen Armen entgegengehen.
Wenn man z.B. ärgerlich ist, dann soll man auch ärgerlich sein und
bleibt einfach sitzen. Aber dann achtet man darauf, wie sich der
Ärger im Körper äußert, wie er sich mit Energie anfühlt, und wie
sich der Atem verändert, oder genauer untersuchen: Ob er angenehm
oder schmerzhaft ist. Wenn man bemerken sollte, dass ein Gefühl wie
Ärger aufkommt, so sollte man versuchen, herauszufinden, woher der
Ärger kommt, und was hinter dem Ärger liegt. Wenn man das fühlt,
so kann man feststellen, wie wenig Mitgefühl oder Freundlichkeit man
einem selbst oder anderen entgegenbringt. Empfindet man Furcht oder
Schmerz, dann reagiert man oft mit Ärger, aber heilsam ist es, den
Ärger zu akzeptieren, feststellen, was ihn hervorgerufen hat, und
dann darauf seine Aufmerksamkeit richten.
In ähnlicher Form kann man seiner Abwertung bewusst
werden. Man sitzt da, der Verstand schweift ab und man sagt sich: „
Meine Gedanken sollen nicht abschweifen, aber man muss beim Atem
bleiben, sonst mache ich es nicht richtig.“ Man soll es nicht
abwerten, sonst hat man bald eine ganze Kette von Abwertungen, aber
was soll man tun? Man soll einfach sitzen, sich davor verbeugen und
sagen: „Es gibt auch einen abwertenden Verstand, den jeder Mensch
hat.“
Furcht ist eine Emotion, die von vielen vermieden wir
und von der man glaubt, man will sie nicht erfahren. Die Art und
weise, wie die Furcht wirkt, ist, je weiter man davonrennt, umso
schneller kommt die Furcht hinterher, um einen zu finden.
Wenn man meditiert und es kommt Furcht auf, dann kann
man das anwenden, was man bereits gelernt hat, man bleibt einfach
sitzen und stellt die Furcht fest. Denn wenn man mit der Furcht
sitzen bleibt, dann kann man spüren, wie sich die Furcht im Körper
äußert. Wie beeinflusst sie den Atem? Macht sie den Geist größer
oder kleiner? Dann sitzt man eines Tages da, die Furcht steigt in
einem auf, man wird sie zur Kenntnis nehmen und denken: „Oh, es ist
die Furcht, ich kenne sie wieder. Willkommen daheim.“ Und man
spürt, die Furcht ist zu einem Freund geworden.
Eine andere Energie,, die während der Meditation
auftaucht, das ist die Müdigkeit. Es kommt manchmal vor, dass man
sich hinsetzt, man wird müde und plötzlich fällt der Kopf nach
vorne. Für die Müdigkeit gibt es viele Ursachen. Es kann zum Teil
daran liegen, dass man zu sehr beschäftigt ist, und wenn man sich
hinsetzt und zur Ruhe kommt, dann ist der Körper der Meinung: „Jetzt
sei genügend Zeit zum Ausruhen.“ Geschieht so etwas, dann kann man
die Müdigkeit anerkennen als Mahnung des Körpers, dass man ihm mehr
Zeit zur Erholung geben muss. Ist die Müdigkeit wirklich sehr stark,
dann öffnet man die Augen oder steht auf, und die Meditation wird
dann im Gehen oder Stehen fortgesetzt.
Die Müdigkeit kann aber auch daran liegen, dass der
Körper während der Meditation sehr ruhig wird, und noch gar nicht
daran gewöhnt ist, zugleich ruhig und hellwach zu sein. In so einem
Fall setzt man sich aufrechter hin, öffnet die Augen weiter, um mehr
Helligkeit in die Meditation zu bringen.Man kann auch einige Atemzüge
tiefer atmen, man kann die Müdigkeit annehmen, wie man die Abwertung
oder dem Ärger oder dem wünschenden Verstand vorgebeugt hat, und
man spürt, wie sie sich anfühlt, was sie mit einem macht, und wie
lange es anhält. Doch tritt manchmal in den Sitzungen die Müdigkeit
wie ein Nebel auf, bleibt eine Zeit lang und verschwindet wieder. Mal
kann es zu einem Problem werden, es heißt aber nicht, dass man mit
dem, was geschieht, kämpfen muss, denn man merkt, dass dies die
natürliche Energie des Verstandes und des Herzens ist, was man in
die Praxis einbeziehen muss.
Das Gegenteil der Müdigkeit sind Unruhe und Besorgnis,
und man kann untersuchen, wie sich die Unruhe anfühlt. Wenn man
unruhig, einsam und gelangweilt ist, was macht man gewohnheitsgemäß?
Man sucht nach Zerstreuung, und so verbringen wir unser ganzes Leben,
mit der Suche nach Zerstreuung, denn vor bestimmten grundlegenden
Gefühlen wie Einsamkeit, Langeweile, Unruhe oder Furcht laufen wir
davon. In der Meditation kann man die aufkommende Unruhe benennen und
spüren, wie sie sich anfühlt.
Was tut man, wenn die Unruhe stark ist? Man bleibt
sitzen und sagt sich: „Bring mich um, dann bis ich der erste
Meditierende in der Geschichte, der an Unruhe stirbt.“ Wenn man
bereit ist, sitzen zu bleiben, dann verändert sich die Unruhe. Doch
was die Gefühle mächtig macht, ist der Widerstand, der ihnen
entgegen gebracht wird. Aber es ist auch der Widerstand, der sie zum
Problem macht. Eine Erfahrung, die häufig bei der Meditation
auftritt, ist der Zweifel. Der Zweifel ist die falsche Art der
Meditation. Was kann man tun, wenn man den Zweifel erlebt? Man kann
den zweifelnden Verstand dabei beobachten, wie er kommt und geht.
Es gibt zwei Arten von Zweifel: den kleinen Zweifel und
den Großen Zweifel sowie das Wesen des Herzens, des Verstandes und
des Bewusstseins, und es ist die Art des Zweifels, die uns zur
Erkenntnis bzw. zum Verstehen führt.
Bei der Meditation erlebt man nicht nur Schwierigkeiten,
sondern auch Gefühle von Liebe, Glück, Wonne und Begeisterung, aber
man kann diese Gefühle auch benennen.Es kommt darauf an, sich dem
was da kommt zu öffnen und zwar bewusst, weise und freundlich.
Man hat sich im Leben von vielen Dingen abgeschnitten,
doch durch die Meditation und aufmerksame Beobachtung begreift man es
nach und nach.
Stimmungen und Gefühle tauchen auf und halten nicht
lange an, aber gednaken kommen schnell, dauern nur einige Sekunden,
aber Körperempfindungen sind langsamer und Stimmungen liegen in der
Mitte.
Was geschieht, wenn die Gefühle wirklich stark sind?
Man sitzt da, Trauer und Kummer steigen auf, die man lange Zeit mit
sich herum geschleppt hat, doch das ist auch so in Ordnung. Mal ist
die Meditation Müdigkeit, mal Tränen und Sorgen, dann wieder
Freude. Man lässt die Gefühle kommen und gehen.
Zur dritten Meditation setzt man sich hin: aufrecht,
stabil und bequem. Man lässt die Augen zufallen oder hält sie
leicht geöffnet, aber nach unten gerichtet. Doch in der Mediation
ist der Atem wichtig als Objekt der Aufmerksamkeit, so dass man die
Empfindung des Atems spürt.