Subjekte und Objekte: Eine neurowissenschaftliche
Sichtweise.
Das dualistische Denken ist die dynamische Energie des
Geistes.
Wenn wir mit mehr Information über Physik und Biologie
ausgerüstet sind, dann können wir auch ein paar tiefer gehende
Fragen über die absolute Wirklichkeit der Leerheit und die relative
Wirklichkeit des Alltagserlebens stellen.
So zum Beispiel stelle ich mir die Frage: Das wir einen
vor uns stehenden Tisch als stabil und dauerhaft erleben, wenn das,
was wir wahrnehmen, nur das Bild eines Objektes und das Objekt selbst
aus der Sicht der Physiker eine wirbelnde Masse von winzigen Teilchen
ist? Wie kann man ein Glas Wasser auf den Tisch sehen und fühlen?
Wenn wir das Wasser trinken, scheint es durchaus real und materiell
spürbar zu sein. Und man fragt sich: Wie kann es sein? Aber wenn wir
es nicht trinken, werden wir durstig? Warum?
Der Geist lässt sich in vielerlei Hinsicht auf einen
Prozess ein, das ist im Tibetischen als „dzinpa“ bekannt, ein
Wort welches „Greifen“ und „Festhalten“ bedeutet. Es ist die
Neigung des Geistes, sich auf Objekte wirklich zu fixieren.
Der Buddhismus bietet eine andere Herangehensweise an
unsere Erfahrung vom Leben an. Diese beinhaltet, das wir eine im
wesentlichen auf Angst gegründete , auf das Überleben ausgerichtete
Sichtweise aufgeben zugunsten einer Erfahrung vom Leben als einer
Folge von seltsamen und wundervollen Ereignissen.
Man sitzt in einem Raum voller Leute, und man blickt
nach vorn auf einen Tisch, der im Raum steht. Man ist geneigt dazu,
auf diesen Tisch als eigenständiges Ding zu beziehen, als
einheitlich, in sich abgeschlossenes Objekt, das unabhängig von
einer subjektiven Beobachtung existiert.
Doch der Tisch hat eine Platte, Tischbeine, Seiten, eine
Rückseite und eine Vorderseite. Lässt er sich, wenn man sich darauf
besinnt, dass er sich aus diesen verschiedenen Teilen zusammensetzt,
wirklich als ein singuläres, ganzheitliches Objekt definieren?
Wissenschaftler haben bei der Erforschung des
„dirigentlosen“ Gehirns, dass sich die Gehirne fühlender Wesen
spezifisch dahingehend entwickelt haben, dass sie Muster erkennen und
auf sie reagieren können. Unter den Milliarden von Nervenzellen des
menschlichen Gehirns befinden sich einige, die speziell auf das
Aufspüren von Formen ausgerichtet sind, während sich andere dem
Entdecken von Farben, Gerüchen, Lauten, Bewegungen und so weiter
widmen.
Gleichzeitig sind unsere Gehirne mit Mechanismen
ausgestattet, die uns zum Herausfiltern von „globalen“
Beziehungen oder „Mustern“ befähigen.
Aufgrund neuronaler Synchronie dieser Mechanismen der
Mustererkennung mit der neuronalen Erkennung von Formen, Farben und
so weiter fast simultan ablaufen. Man kann es vereinfacht als Prozess
beschreiben, bei dem in weit voneinander entfernten Hirnareale
kommunizieren.
Wenn eine explizite Formation wahrgenommen wird, dann
senden entsprechende Neuronen einander auf eine spontane, doch
präzise koordinierte Art Signale, die für das Erkennen eines
spezifischen Musters steht. Aber wird kein Muster erkannt, dann
senden die entsprechenden Neuronen einander willkürliche Signale.
Diese Tendenz zur Identifizierung von Mustern oder
Objekten ist biologisch gesehen die deutlichste Veranschaulichung von
dzinpa. Wahrscheinlich entwickelte sie sich als eine Art
Überlebensfunktion, weil die Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen
schädigenden, wohltuenden und neutralen Objekten oder Ereignissen
ausgesprochen nützlich ist
Die Mechanismen der neuronalen Synchronie dehnt sich bis
zu einem Punkt aus, an dem man bewusst erkennt, dass der Geist und
die vom Geist wahrgenommenen Erfahrungen oder Objekte ein und
dasselbe sind.
Die über lange Zeit ausgeübte Meditation löst die
künstlichen Unterscheidungen zwischen Subjekt und Objekt auf. Und
das gibt der wahrnehmenden Person die Freiheit, über die Qualität
der Erfahrung zu bestimmen, die Freiheit zu unterscheiden zwischen
dem, was wirklich ist und was nur eine Erfahrung darstellt.Die
Auflösung der Trennung zwischen Subjekt und Objekt bedeutet nicht,
dass die Wahrnehmung zu einem verschwommenen Brei wird. Wir nehmen
die Erfahrung weiterhin in den Begriffen von Subjekt und Objekt
wahr., erkennen aber gleichzeitig, dass diese Trennung im Kern
begrifflicher Natur ist. Aber man kann sagen, die Wahrnehmung eines
Objekts ist nicht verschieden vom Geist, der es wahrnimmt.Weil diese
Veränderung im Bewusstseinszustand schwer zu begreifen ist, muss
man, um ein gewisses Verständnis entwickeln zu können, wieder
einmal zur Traum-Analogie Zuflucht nehmen. Erkennt man im Traum, dass
die Erfahrungen nur ein Traumgeschehen sind, dann erkennt man auch,
dass sich sich diese Ereignisse im geist abspielen. Diese Erkenntnis
befreit uns von den Begrenzungen der Traum-Probleme, des
Traum-Leidens oder der Traum-Beschränkungen. Der Traum setzt sich
fort, aber diese Erkenntnis befreit vom Schmerz und von
Unannehmlichkeit, die ein Traumszenario bietet. Angst, Schmerz und
Leiden werden vom Gefühl des Staunens abgelöst:“Schau, was mein
Geist alles produziert.“Transzendieren wir im Wachzustand die
Unterscheidung von Subjekt und Objekt, ist dies gleich bedeutend mit
der Erkenntnis, dass alles was wir wahrnehmen und erfahren, nicht vom
Geist getrennt ist, der es wahrnimmt und erfährt.Der Wachzustand
wird damit nicht beendet, aber unsere Wahrnehmung von im verlagert
sich von einer Erfahrung der Begrenztheit hin zu einer des Staunens
und Wunderns.
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